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Mit der Beibehaltung der Home-Office-Anforderung als Maßnahme zur Bekämpfung von Covid-19 stellt sich die Frage nach den psychischen und physischen Auswirkungen auf die Mitarbeiter, die im Folgenden kurz erörtert wird.

 

Frühere Studien (z. B. Morganson et al. 2010 in Keller et al. 2017) haben gezeigt, dass viele Mitarbeiter sich eine flexiblere Arbeitsgestaltung wünschen. Oft wird die Möglichkeit angepriesen, Familie und Beruf leichter vereinbaren zu können; dies gilt insbesondere für Frauen, da sie oft noch stärker in das Familienmanagement eingebunden sind (Lott 2017 in Keller et al. 2017). Tatsächlich entfällt durch das Erfordernis des Home Office die Notwendigkeit, zum Arbeitsplatz zu fahren, und auch die Fehlzeiten werden reduziert (Ärzteblatt Oktober 2019; Benoy 2020; Gajendran und Harrison 2007 in Keller et al. 2017). Ein weiterer beobachteter Effekt des Homeoffice ist eine Reduzierung des Stressempfindens im Vergleich zu Mitarbeitern, die vor Ort arbeiten (Keller et al. 2017). Berichte über eine erhöhte Produktivität im Home Office könnten auch durch weniger Unterbrechungen während der Arbeitszeit erklärt werden - weniger Ablenkungen durch andere Mitarbeiter bedeuten potenziell mehr Zeit für die eigentliche Arbeit. 

 

Doch gerade die Reduktion des Kontakts zu den Kollegen führt zunehmend zu Isolation und Einsamkeit; zudem führt der fehlende Austausch zu weniger Informationsfluss und erschwert auch die Teambildung (Lixenfeld 2021). Der regelmäßige Austausch mit Teamkollegen hat einen signifikant positiven Einfluss auf den wahrgenommenen Stress (Demerouti und Bakker 2011, Drösser et al. 2016, Melzer und Hubrich 2014, Danna und Griffin 1999 in Keller et al. 2017). Mit zunehmender Isolation steigen auch die psychologischen Auswirkungen und die Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation (Bentley et al. 2016 in Keller et al. 2017). Auch wenn das Homeoffice die Reisetätigkeit reduziert hat, geht mit dieser Arbeitssituation möglicherweise die klare Linie zwischen Arbeit und Freizeit verloren. Wenn dadurch die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung in der freien Zeit abnehmen, könnte dies eine Erklärung für eine erhöhte psychische Belastung sein (Keller et al. 2017, Ärzteblatt Oktober 2019). Um diese Grenze einzuhalten, ist ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Struktur im Arbeitsalltag notwendig, sonst wird die vermeintlich eingesparte Zeit schnell zu Überstunden, um die Arbeitsbelastung zu bewältigen (Kellet et al. 2017). Die psychischen Auswirkungen können vielfältig, aber auch widersprüchlich zu den bisherigen Erkenntnissen sein: Eine Umfrage der AOK ergab, dass weit über 2/3 der Teilnehmer über Erschöpfung, erhöhte Reizbarkeit klagten (Ärzteblatt Oktober 2019). Laut einer Studie der Universität Basel hat sich die Zahl der Menschen, die in der Schweiz an einer schweren Depression leiden, im letzten Jahr verdoppelt und erreicht nun 18 % (Mair 2021). Während die ersten Anzeichen einer Depression im persönlichen Umfeld leichter zu erkennen sind, bedarf es bei Kollegen und Vorgesetzten im Homeoffice mehr Mühe, diese Anzeichen rechtzeitig zu erkennen. Neben den psychologischen Effekten wurde auch festgestellt, dass 43 % der Home-Office-Raucher ihren Nikotinkonsum erhöhten (Nievelstein 2020); hinzu kommt ein Mangel an Vitamin D und ausreichender Bewegung, die unter normalen Umständen gewährleistet wäre. Fehlhaltungen im Home Office machen sich auch in Form von vermehrten Berichten über Rücken- und Nackenschmerzen bemerkbar (Ratmoko 2020). 

 

Abschließend ist jedoch anzumerken, dass die oben genannten Vor- und Nachteile von einer Vielzahl von Faktoren abhängen; so können z. B. Produktivität und Zufriedenheit nicht allein auf die Home-Office-Richtlinie zurückgeführt werden. 

 

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Bibliographie:

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